Der ungeliebte Fritz und sein Grusel-Kabinett aus der Lobby-Hölle
Vom Vorstandsposten auf den Ministersessel, zumindest für Lobbyisten wird unter Merz der Bürokratieabbau zur Chefsache. Vetternwirtschaft, verschwenderische Symbolpolitik und menschenverachtende Repressionsexzesse sind vorprogrammiert. – Boris Umsturz stellt das Kabinett vor.
Nach einer schier endlosen Liste persönlicher Niederlagen hat er es tatsächlich geschafft: Friedrich Merz hat sich zum Bundeskanzler wählen lassen. Er wird der zehnte Bundeskanzler der BRD und ist gleichzeitig der erste unter ihnen, der einen zweiten Wahlgang dafür brauchte. Unter kollegialer Mithilfe der Linkspartei wurde am Dienstag in ganz großer Koalition die Geschäftsordnung geändert, um nach der verfehlten Mehrheit im ersten Durchgang überhaupt einen zweiten am selben Tag zu ermöglichen.
Mit ersten wankenden Schritten tritt die Merz-Regierung ihre Arbeit an. In Anbetracht der immer weiter entflammenden Klimakrise, des ungebremst wachsenden Erfolges der AfD, des randalierenden transatlantischen Werte-Partners und aller weiteren lauernden Herausforderungen bleibt es abzuwarten, ob diese kleine GroKo die im Bundestag so sehnsuchtsvoll vermisste Merkel-Stabilität zurückbringen kann. Werfen wir zunächst einen Blick auf einige Lichtgestalten des Kabinetts, das Merz in der kommenden Legislatur nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen wird. Der Blackrock-Kanzler bringt einige seiner Kollegen aus der Vorstandsetagen in Ministerämter, aber auch altbewährte Schurken treiben weiter ihr Unwesen.
Wir präsentieren: Unsere Hot-Picks aus Merz‘ Grusel-Kabinett
Ministerium Konzerne und Lobby: Katherina Reiche (CDU)
Zwar nicht mehr mit der ganzen Fülle der Macht ausgestattet wie ihr Vorgänger Robert Habeck, aber dennoch eine der rar gesäten Frauen in einer wichtigen Position, dazu auch noch eine aus Ostdeutschland – das ist doch toll? Nein!
Bei Reiche ist der Name Programm: Sie kommt nach 10 Jahren politischer Auszeit in der Wirtschaft direkt vom CEO-Schreibtisch an die Spitze des Wirtschaftsministeriums, sogenannte Interessenkonflikte bringt sie aufgrund ihrer vorherigen Arbeitgeber unweigerlich mit. Nach 17 Jahren (1998 bis 2015) als Abgeordnete im Bundestag hatte sie mitten in der laufenden Legislatur ihr Amt niedergelegt, um Chefin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) zu werden. Der VKU ist eine der mächtigsten Lobby-Organisationen in der BRD, zu ihm gehören 1590 kommunale Unternehmen, vor allem aus der Energie- und Wasserversorgung. 2020 wechselte sie dann auf den Posten der Geschäftsführerin des Energieversorgers Westenergie, einer Tochter des Großkonzerns E.ON mit 11.000 Mitarbeiter:innen. Und nun im Jahr 2025 der fliegende Wechsel zurück in die Politik und in Regierungsverantwortung: Die Konzernchefs müssen nicht mehr mit Spenden und Abendessen für sich werben – Katharina Reiche ist eine von ihnen und vereint Lobbyinteressen und politische Macht direkt in ihrer Person. Das ist dann wohl der angekündigte Bürokratieabbau.
Ministerium Messermänner: Alexander Dobrindt (CSU)
Dobrindt hat in seiner Zeit als Verkehrsminister (2013 bis 2017) unter Beweis gestellt, dass er sowohl in der Lage ist, Unmengen Steuergeld in kolossal fehlschlagende Großprojekte wie den Breitbandausbau und die sog. Ausländer-Autobahnmaut zu versenken, als auch, treu nach guter Unions-Art, korrupt für Großkonzerne einzutreten wie im Dieselskandal. Ein Mann und eine Karriere, die, acht Jahre später, nicht passender sein könnten für eine Berufung in Merz‘ Kabinett.
Er soll sich das Innenministerium selbst ausgesucht haben – nach der sinn- und erfolglosen Kampagne gegen die bzw. mit der AfD, die die Union im Wahlkampf bezüglich der „illegalen“ Migration angestrengt hat, eine höchst undankbare Aufgabe, wählen die Leute im Zweifel doch lieber das Original. Die nötige Menschenfeindlichkeit für die kommenden Gewaltexzesse bringt er definitiv mit.
Ministerium Krieg: Boris Pistorius (SPD)
Pistorius ist absolut keine überraschende Besetzung, dennoch eine Erwähnung wert: Der Saubermann der SPD und Deutschlands beliebtester Politiker, er steht wie kein anderer für die gegenwärtige Militarisierung der BRD. Sein Lieblingsthema, die „zunächst freiwillige“ Wehrpflicht, hat es sogar in den Koalitionsvertrag geschafft.
Für die kommenden Jahre darf er sich über ein unbegrenztes Budget für die Aufrüstung freuen. Zu Beginn dieses Jahres hat er bereits ein neues Richtfunksystem für 5,5 Milliarden Euro bei Rheinmetell Electronics in Auftrag gegeben – ohne reguläres Vergabeverfahren und trotz der Warnung des Bundesrechnungshofes hinsichtlich der unklaren Einsatzreife der Systeme sowie drohender „Investitionsruinen“ – vermutlich ein Vorgeschmack auf seine anstehende Amtszeit.
Ministerium Imperialismus: Johann Wadephul (CDU)
Für den überzeugten Verfechter der Staatsräson Wadephul besteht eine direkte und uneingeschränkte Verpflichtung aus der deutschen Geschichte und dem Holocaust, Waffen an das Apartheid-System in Israel zu liefern. China bezeichnet er als kommunistisches Regime, Russland wird für ihn „immer ein Feind sein“.
Er ist außerdem derjenige, der Anfang des Jahres einem Klingelstreich russischer Influencer zum Opfer fiel, die ihn anriefen und sich als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgaben. Munter plauderte Wadephul mit den russischen Komikern über seine Gedanken zur Position von Kanzler Scholz und die Taurus-Pläne der CDU, die Aufzeichnung der Unterhaltung wurden später im Internet veröffentlicht. Ein Spitzendiplomat also, der seiner Amtsvorgängerin an Professionalität in nichts nachsteht.
Ministerium Wurst und Fleisch: Alois Rainer (CSU)
Alois Rainer bezeichnet sich selbst als Freund der „sozialen Marktwirtschaft“, in der „der Markt die Preise macht“. Der Metzgermeister will er sich in seiner Amtszeit dafür einsetzen, dass der Fleischpreis sinkt – die ökologische Komponente bei Massentierhaltung und übermäßigem Fleischkonsum spielen für ihn eine untergeordnete Rolle. Er ist gegen ideologische Verbote und das Vorschreiben von Ernährungsstilen, auf den Speiseplänen in Kitas soll aber bald wieder mehr Wurst und Fleisch stehen – die Fleischkonzerne freuen sich.
Ministerium Datenkrake: Karsten Wildberger (CDU)
Bis zuletzt war Wildberger der Vorstandschef des Börsenkonzerns Ceconomy, zu dem die Elektronikhändler Saturn und MediaMarkt gehören. Erfahrungen in der Politik hatte er bisher nur beim Wirtschaftsrat der CDU, einer in den CDU-Vorstand integrierten Lobbyorganisation. Auf Merz‘ Benennung hin wird er jetzt Politiker in Regierungsverantwortung sowie reguläres CDU-Mitglied und darf ein neues, übergreifendes Ministerium aufbauen, dass sich der Abschaffung der Faxgeräte in den Ämtern und dem Gespenst des allgemeinen Bürokratieabbaus widmet. Mit dieser Besetzung macht es Merz noch deutlicher: Die Konzerne regieren die nächsten Jahre direkt aus den Ministerien heraus. Zu erwarten ist, neben CDU-typischer Vetternwirtschaft, ein umfassender Angriff auf den Datenschutz, um staatlich erhobene Daten im großen Stil an Konzerne verschenken zu können.